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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 3

1911 - Erfurt : Keyser
— 3 — Osten nach dem Rheine führte", mußte sich unbedingt eine größere Siedlung entwickeln. Sie fand Bonifacius bot, als er auf seinen Missionsreisen nach Thüringen kam (s. Bonifacius kommt nach Thüringen, Nr. 13 it. Bonifacius in Erfurt, Nr. 14). Doch schon bor ihm hatten iroschottische Missionare, Kilian und Willibrord, um die Wende des 7. Jahrhunderts in Thüringen das Christentum gepredigt. Was aber sonst über die Verbreitung des Christentums und über die Gründung bort Kapellen auf Erfurter Gebiet in der Zeit bor Bonifacius gesagt wird, ist sagenhaft (s. Die zwölf Schüler, Nr. 11 u. Adeodatus, Nr. 12). Der von den ersten Missionaren ausgestreute Same scheint nur spärlich ausgegangen zu sein, so daß der Apostel der Deutschen von neuem mit der Ausbreitung der christlichen Lehre beginnen mußte. Seine wiederholten Besuche in Erfurt überzeugten ihn aber, daß die Stadt infolge ihrer günstigen Lage zum Sitz eines Bischofs und zum Mittelpunkt aller Bestrebungen, das Christentum in Thüringen auszubreiten. wie geschaffen sei. Er errichtete darum (742) das Bistum Erfurt. Es ging jedoch nach seinem und des ersten Bischofs Tode, dessen Namen die Geschichte nicht bezeichnet hat, wieder ein. Die christliche Lehre aber, die festen Fuß gefaßt hatte, blieb, und ihre Lehrer gründeten noch manche kirchliche und klösterliche Stiftung. Aus dieser Zeit stammt der herrliche Dom und das einst so berühmte Petersklofter (s. Bei den Mönchen von Skt. Peter, Nr. 15). Die frommen Stiftungen wurden für das wachsende Erfurt von größter Bedeutung; denn die Klosterbrüder berbesserten Ackerbau und Viehzucht, trieben Wein- und Gartenbau und gründeten die ersten Meierhöfe, die Ansänge unserer heutigen Dörfer. Sie gaben der Gera bestimmte Ufer und überbrückten sie mehrmals; auch erlaubten sie gegen ein geringes Standgeld den Verkauf von Waren auf den Brücken, wodurch sie Handel und Verkehr bedeu-tend förderten. Solche Brücken sind die heute noch stehende Krämer-und Lehmannsbrücke. Aus ersterer ist sogar eine geschlossene Straße geworden, in welcher man von dem darunter fließenden Wasser nichts mehr wahrnimmt. „So wuchs Erfurt sowohl an äußerer Größe, als an innerem Wohlstand und war schon zu Karls des Großen Zeiten bedeutend genug, daß dieser es zu einer Stapelstadt auswählte." Er traf die Bestimmung, daß die Kaufleute, welche mit den slawischen Völkern jenseits der Saale und Elbe Handel treiben wollten, hier ihre Niederlage zu halten hatten (f. Was die Geschichte von den alten Thüringern weiß, Nr. 5). Unter feiner Regierung wird urkundlich auch die Pfalz auf dem Petersberge erwähnt (802), ein Gebäude, in welchem die königlichen Beamten wohnten und die Synoden und Reichstage abgehalten wurden. Nach ihm gehörte die Stadt (seit 843) politisch mit dem übrigen Thüringen dem Könige Ludwig dem Deutschen, der in ihr i

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 22

1911 - Erfurt : Keyser
— 22 — Not, und rot sind heute noch die Bänder am Hut des Hochzeits-bitters und der Festgäste bei einer echten Thüringer Bauernhochzeit. — Donar war der Donnerstag heilig, und abergläubische Erfurter erwarten heute noch am Himmelfahrtslage, wenn sie den ersten großen Ausflug in die weitere Umgegenb der Stadt unternehmen, des Gottes stürmische Rebe. Unter dem Christentum ist Petrus der hauptsächlichste Stellvertreter Donars geworben. Er soll, wie man oft, aber nicht sehr schön sagen hört, Wenns borniert, Kegel schieben. Die heutigen Petersberge waren früher Tonars-bercte, und Petersklöster und Peterskirchen erbauten die ersten christlichen Senbboten gern an Donar geweihten Opserstätten, wie es auch bei uns in Erfurt geschehen ist. Ostara: Donars Schwester Ostara, die Gemahlin des Frühlingsgottes Fro, war bett alten Thüringern besonders lieb, brachte sie ihnen boch nach langem, hartem Winter das neue Frühlingslicht. Ihr zu Ehren hielten sie an heiligen Orten Opferschmäuse und zünbeten Opserseuer an, in welche sie Frühlingsblumen warfen. Ostaras Verehrung war so allgemein verbreitet, daß die christlichen Priester das Auferstehungsfest des Herrn Ostern nannten, um bei unsern Altvorderen den Eingang des neuen Glaubens zu erleichtern und zu sichern. Mancher heutige Osterbrauch ist noch heidnischen Ursprungs, z. B. das Osterei. Wohl sagt man, das Osterei ist dem Christen das Sinnbild des aus dem Grabe zum Leben erstandenen Erlösers, doch war es den heidnischen Thüringern schon lange vorher ein Zeichen des wiedererwachenden Lebens im Frühling. Sie beschenkten sich mit Ostaraeiern, die sie der Göttin zu Ehren gelb, ihrem Bruder aber zu Ehren rot färbten. Auch kannten sie den Osterhasen, den Liebling der heutigen Kinderwelt, als ein der Lichtspenderin heiliges Tier. Tippia: Zn den guten Gottheiten, welche die Verehrung unserer Altvorderen erfuhren, gehörte auch Sippia, Donars Gemahlin, die Beschützerin der Freundschaft und Verwandtschaft und die Göttin der Fruchtbarkeit. Zu ihr veranstaltete man im Frühling Bittgänge, um Wachstum der Feldfrüchte und eine reiche Ernte zu erflehen. Das christliche Zeitalter behielt diese Bittgänge bei. In Erfurt bestehen sie heute noch als die Prozessionen nach Schmidt-stedt. An die Stelle der Sippia ist die Jungfrau Maria getreten, die sich der Deutsche am liebsten mit goldigem Haar, als dem Abbild des goldfarbigen Getreidesegens, dachte. Das Goldhaar der heiligen Jungfrau zeigen in besonderer Schönheit die Bilder eines Lucas Cranach, z. B. „die Verlobung der bl. Katharina" im Erfurter Domchor, auf welchem Gemälde das Haar der Madonna in schimmernden Goldfäden prangt. Ziu: Wenn wir auch feine Anklänge mehr an Zin, den Kriegsgott und den Hüter des Rechts, im heutigen Thüringen finden, so wurde ihm hier sicher dieselbe hohe Verehrung zuteil, die er überall bei den Germanen genoß. Bestimmt wissen wir, tz.

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 36

1911 - Erfurt : Keyser
— 36 — 3(l£ Gemahlin Chlotars: Als sie zur blühenden Jungfrau herangewachsen war, begehrte sie König Chlotar zur Gemahlin. Radegunde war darüber aufs höchste erschrocken. Sie hielt es für unmöglich, an der Seite des Mannes leben zu können, der den Untergang des Thüringer Königreiches und seines Herrscherhauses verschuldet hatte. Sie ergriff darum die Flucht. Doch sie wurde zum zweiten Male gefangen genommen und nach Soissons gebracht. Hier fand ihre erzwungene Vermählung mit Chlotar und chre Krönung zur Königin von Frankreich statt (nach 540). Halte Radegunde schon vor ihrer Hochzeit nur eine tiefe Abneigung gegen ihren Gemahl empfunden, so verwandelte sich diese bald in bitteren Haß; denn Chlotar hatte aus Furcht vor Blutrache ihren Bruder, der bisher die Leiden der Gefangenschaft mit ihr geteilt hatte, töten lassen. Die Königin führte an der Seite ihres Gemahls das Leben einer Nonne. Sie unterstützte die Armen, pflegte die Kranken und besuchte Gefangene und zum Tode Verurteilte, um sie zu trösten. An diesem nomtenhasten Leben Raöcgunöes sand Chlotar keinen Gefallen, und so wurde auf der Königin Wunsch die Ehe getrennt. Radegunde war wohl 24 Jayr alt, als die Scheidung stattfand (um 545). Als Nonne: Nun wurde die Königin, was sie bisher schon gewesen, eine Nonne. Zu Saix in Poitou nahm sie den Schleier, gründete aber später das Nonnenkloster zum heiligen Kreuz in Poitiers, wohin sie als einfache Nonne übersiedelte. Durch ihr gottseliges Leben erwarb sie sich den Ruf der Heiligkeit. Sie starb am 13. August 587 und wurde in der Krypta der Radegundiskirche, die sie gestiftet hatte, beigesetzt. Noch jetzt ist die einstige Thüringer Prinzessin die Schutzpatronin Poitiers, und die Bürger der Stadt meinen, daß sie ihr viel Gutes zu verdanken haben, z. B. die Nichteinnahme der Stadt durch die Deutschen im Kriege 1870 und 1871. Eine Gedenktafel verkündet heute diese Tat späteren Geschlechtern. (Nach Max Kön-necke.) 11. Die zwölf deutschen Schüler. (Sage.) Eine uralte Sage aus Erfurts Vorzeit erzählt, daß ein König in Frankreich zwölf fahrende Schüler hatte, die alle Johannes hießen und auf einer Glücksscheibe in allen Landen umherfuhren. Sie konnten in 24 Stunden alles erfahren, was in der Welt geschah. Aber der Teufel war mit im Spiele und ließ alle Jahre einen der Schüler herabstürzen. So begab es sich, daß der letzte der fahrenden Schüler auf dem Petersberge Hierselbst, der vordem Berbersberg hieß, seinen Tod fand. Als das der König hörte, ließ er an dem Orte, wo man den Jüngling gefunden, eine Kapelle erbauen, der er den Namen Corpus Christi gab. Es war

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 37

1911 - Erfurt : Keyser
— 37 — aber um den Berg herum viel schiffbares Gewässer, und man hing eine Laterne an der Kapelle ans, in welcher des Nachts ein Licht brannte, den Schiffern zum Wahrzeichen. Mit einem Teile ver Festungswerke stürzte im Jahre 1735 die Kapelle ein. H. Krnspe. 12. Hdeodatus. (Sage.) Auf dem Untersberge, an der Stelle der heutigen Skt. Severi-türme, ward im Jahre 590 die erste christliche Kapelle gebaut und dem heiligen Blasius geweiht. Bei derselben wohnte zu König Dagoberts Iii. Zeit in schlichter Moosklause der Einsiedler Adeodatus. Das Christentum hatte in Erfurt bereits Wurzeln gesaßt, und es fehlte nicht an Priestern; aber sie waren beweibt und trugen Waffen. Darum mochte Adeodat das heilige Nachtmahl aus ihren Händen nicht empfangen und bat den Bischof Wigbrecht von Main), ihm einen anderen Priester zu schicken. So ward ihm der Benediktiner Trutmann aus Salzburg gesendet. Dieser verkündete Gottes Wort mit Eiser und bekehrte viele Heiden. Er kam im Jahre 708. ____________ H- Krnspe. 13. Bonifacius kommt nach Thüringen. Um 3cihre 724. „Auf dem Waldwege, der vom Main nordwärts in das Hügelland der Franken und Thüringe führt, zogen an einem heißen Sommertage drei Reiter schweigend dahin. Bonifacius und seine Begleiter: Der erste war der Führet, ein junger Mann von starken Gliedern; das lange Haar hing ihm wild um das Haupt, die blauen Augen waren in unaufhörlicher Bewegung und spähten nach beiden Seiten des Weges in den Wald. Er trug eine verschossene Lederkappe, über der braunen Jacke eine große Tasche mit Reisevorrat, in der Hand den Wurfspeer, auf dem Rücken Bogen und Jagd-Köcher, an der Seite ein langes Waidmesser, am Sattel seines Rosses eine schwere Wald-art. Einige Schritte hinter ihm ritt ein breitschultriger Mann in den Jahren seiner besten Kraft, mit großem Haupt; die mächtige Stirn und die blitzenden Augen gaben ihm das Aussehen eines Kriegers. Aber er trug sich nicht wie ein Mann des Schwertes, das kurzgeschorene Haar deckte ein sächsischer Strohhut, an dem langen Gewände war nicht Wehrgehenk, nicht Waffe sichtbar, nur die Axt, welche jeder Reisende in der Wildnis führte, steckte im Sattel. Ihm zur Seite trabte ein Jüngling in gleicher Tracht und Ausrüstung. Am Jdisberge: Durch Sand und über Steinblöcke zog sich der rauhe Pfad zwischen alten Kieferftämmen von einer Erdwelle

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 40

1911 - Erfurt : Keyser
- 40 — 14. Bonifacius in Erfurt, 742. (Sage.) Als Bonifacius nach Erfurt kam, fand er daselbst noch viele Heiden, die in der Wagd (Steiger) ihrem Abgotte Wage dienten. Bonifacius aber predigte Christum und forderte die Leute aus, mit ihm die Götterbilder zu zerstören und die heiligen Eichen niederzuhauen. Viele zogen mit ihm hinaus. Ms sie aber in die Gegend des heutigen Löbertores kamen, erhob sich ein greulicher Sturmwind vom Walde her. Alle standen still und fürchteten, der Gott Wage würde ihren Frevel strafen. Aber Bonifacius ermutigte sie, und sie folgten ihm hinauf zum Berge. Dort ließ er die Eichen umhauen, und als die Zaghaften den Fall ihrer Götterbilder und der heiligen Bäume sahen, weigerten sie sich nicht länger, sich taufen zu lassen. Die Sage erzählt weiter, daß Bonifacius aus dem Holz dieser Eichen ein Kirchlein erbaute. Tatsächlich errichtete er auf dem heutigen Domberge, dem Vorhügel des Petersberges, eine Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes und ernannte Erfurt zu einem Bischofssitz (Bonisacinsstraße u. Statue am Dom). (Nach H. Kruspe.) 15. Bei den ülönchen von Skt. Peter. Seine Gründung: Das Peterskloster ist das älteste unter den Erfurter Klöstern. Die genaue Zeit seiner Gründung und die Namen seiner Gründer sind unbekannt. Vielleicht setzten schon iroschottische Mönche zur Zeit König Dagoberts Iii. (711—716) ihr friedliches Heim neben die Herdstellen der aus dem Merwigis-berge (s. Erfurts Entstehung usw., Nr. I) ansässigen heidnischen Ackerbauer. Möglich ist auch, daß Bonifacius selbst es war, der den Ort unter der machtvollen Herrschaft der fränkischen Hansmeier zur Gründung eines Klosters und zur weiteren Ausbreitung des Christentums in die ringsum liegenden thüringischen Lande für geeignet Hielt.1) Schon früh stand dem Kloster eine königliche Pfalz schützend zur Seite (seit 802). Die ersten Jahrhunderte der Klostergeschichte umhüllen tiefes Dunkel. Genaueres erfahren wir erst aus der Zeit nach dem Jahre 1000. Damals berief Erzbischof Siegfried I. von Mainz eine Synode nach hier (1060). Die Stiftsherren des Klosters auf dem Petersberge hatten seinen Zorn erregt. Sie lebten Wohl angeblich nach der Regel des heiligen Benediktns, waren aber so verweltlicht, daß ihre Gemeinschaft für Personen, welche der Welt entsagen wollten, nicht geeignet war. Erzbischof Siegfried entfernte sie l) Meinung des verst. Stadtarchivars Dr. Beyer; für ein von Bonifacius gegründetes Monasterium (?) wäre wohl allein der Domberg in Frage gekommen.

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 41

1911 - Erfurt : Keyser
— 41 — Darum durch Beschluß der Syuode und berief au ihre Stelle neue Mönche aus dem Kloster Hirsau in Schwaben. Anfangs machte die Neugründung wenig von sich reden. Sie entwickelte sich jedoch bald zu hoher Blüte, verfügte über ausgebreiteten Landbesitz und sonstige Reichtümer. Selbst das Erzbistum Maiuz konnte nicht gegen das Peterskloster auskommen. Voller Neid bekannte der Erzbischof Adalbert (1112), daß die Mönche mehr hätten als er. Woher stammte nun dieser Reichtum, über welchen das Kloster schon zu Anfang des 12. Jahrhunderts verfügte? Sicher nicht allein von den begüterten Bürgern und von den reichen thüringischen Grasengeschlechtern, die mit Vorliebe dem Peterskloster Geld und Gut gaben. Er muß noch aus einer anderen Quelle reichlich zugeflossen sein. Eine Erklärung gibt vielleicht die Annahme, daß das Kloster nach dem Versall der Pfalz der Erbe des königlichen Grund und Bodens und der an ihm haftenden königlichen Rechte, des Markte und Münzrechtes und der Gerichts-hegung, wurde. Die Annahme gründet sich ans die Bezeichnung des Klosters als des „königlichen". Diesen Beinamen führte das Peterskloster nämlich bis zu seiner Aufhebung im Jahre 1803. Die Gegenleistung bestand wobl in der Ausnahme des Kaisers bei seiner Anwesenheit in Erfurt, wodurch auch die öftere Einkehr des Reichsoberhauptes (f. Aus der Geschichte Erfurts, Nr. Ii u. Rudolf von Habsburg, Nr. 22) gerade im Peterskloster erklärte wäre. Lage: Das Peterskloster lag noch innerhalb der Stadt, nahe ihrem westlichen Bergrande. Dieselbe Stadtmauer umsing Mönche und Bürger, deren Wohnhäuser sich dicht dem Petersberge anschmiegten. Beide haben dann auch im Laufe der Jahrhunderte brüderlich Freud und Leid geteilt: die frohen Tage der Kaiserbesuche und die Schicksale von Angriff und Belagerung, sowie die Schrecknisse der großen Feuersbrünste, von denen Erfurt öfter heimgesucht wurde. Bis zur Umwandlung des Petersberges in eine Zitadelle (nach 1664) sührte von der Stadt aus eine breite, steinerne Treppe zum Kloster empor. Eine seste Mauer umschloß das große, weitläufige Gebäude, das von der Höhe herab einen prächtigen Anblick gewährte, zumal wenn die Strahlen der Sonne in den glänzenden Zinndächern der schlanken Türme der Klosterkirche aufblitzten. Werktätigkeit der Mönche: Die Petersmönche waren den Erfurtern gute Vorbilder eines mönchischen Lebens und Wirkens. Sie lichteten mit Art und Säge den dichten Wald, der sich bis zur Gera herabzog, regelten den Lauf derselben, dämmten ihre Ufer ein und trockneten die beiderseitige Niederung, vor allem das sumpfige Brühl. Nicht weit vom Kloster entfernt bauten sie am Nordfuße des Petersberges die große und kleine Petermühle an der Gera. Beide zeugen heute noch von dem frühen fleißigen Schaffen der Peterlinge. Das dem Wald und Fluß abgerungene Land verwandelten sie in lachende Aehrenfelder. Besonders sorg-

7. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 43

1911 - Erfurt : Keyser
— 43 — siebter Flur, die er zu dem Zwecke erst gekauft hatte, schenkte und eine vierte noch hinzulegte, für bereu Besitz vier toinbifche Bewohner des Dorfes bic gelber bestellen und auch dem Kloster in Gelb zinsen sollten. Die Peterskirche: In bcn Klosterwerkstätten, welche zum Teil außerhalb der Umfassungsmauern lagen, bei ihrer zu viele waren, würden schon früh die verschiebensten Hanbwerke und Künste in hoher Vollkommenheit getrieben. Besonbcrs im Bauhanbwerk waren die Mönche Meister. Für ihre Kunst zeugt der schöne Bau. der einst (1147) so stolz über den baufälligen Stiftskirchen der niebrigen Vorhöhe nach 44 Jahre langer Arbeit erftanb, für alle feine Bewohner eine Stätte rüstigen Schaffens und freubigen Raftcns im Leben und bcs stillen Fricbcns im Tode. Den Glanzpunkt des Klosterbaues bilbete bic herrliche Kirche, bereu zwei Türme auf fernhin dem Zuwanberer ein Wahrzeichen der Stadt waren. Sic trugen bic Glocken, die in wohlgeprüfter Harmonie zusammenklangen, wenn es galt, zum Gottesbienst zu rufen. Eine bavon hatten bic frommen Brübcr selbst gegossen. Aufmerksam hatten sie dem Meister Hcibcnrcich von Achen zugeschaut, der ihnen den großen Andreas, bcn Paulus und bcn fitberflar fchallenben Petrus gefertigt hatte. Freilich mußten sie Sehrgelb bezahlen. Die Glockenspeise floß das erste Mal in bcn Bobcn; dann aber setzten sie ihr Werk glücklich durch. An hohen Festtagen versammelten sich neben den Mönchen und den Angehörigen der kleinen Gemeinbe auch bic „Freunbc des Klosters", bic Bürger aus ferner liegenden Gemeinben, in der Peterskirche. Alle lauschten voll Anbacht ans bic hehre Mclobie, die ein musiftierstänbiger Br über der berühmten Orgel entlockte. Die Chronik erwähnt besonbcrs den Oster-Hciligabenb 1226, an welchem zum erstenmale „das Wnnberwcrk" ertönte. Wie glänzte an solchen Festtagen der Altarschrein von Golb und Silber! Welche Purpurpracht köstlicher Decken und Gewänber gab es dann zu schauen. Da lag das sorgsam weitergeführte Totenbuch. Es nannte alle die Wohltäter, die das Kloster durch Gelb und Gut bereichert hatten, neben dem Grafen, der ganze Gefilbe und eble Roffe geschenkt, die schlichte Bürgerin, die ein „Fingerlin" aus ihrem Schmuckkästchen dem heiligen Petrus vermacht hatte. Doch wertvoller als alle bic äußere Pracht bünkten die Reliquienschätze, die man vom befreunbeten Jchtcrshäuscr Abt erhalten hatte, zumeist aus dem Besitze des Erzbifchofs Wichmann von Magbeburg ftam-meub: Gebeinreste Johannes des Täufers, ein Finger des heiligen Laurentius, vom Märtyrer Georgius ein Stück Rippe, Haare der heiligen Königin Abelheib, sogar Anbenfen aus dem gelobten Laub von Christi Grab. Sonstige Verdienste der Petersmönche: Groß sinb auch die Verbienste der Mönche um die Wissenschaft, besonbers um die Geschichtsforschung und Geschichtsschreibung. Die Bibliothek des

8. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 44

1911 - Erfurt : Keyser
— 44 — Klosters enthielt die seltensten Bücherwerke und wurde jahraus, jahrein vermehrt, da sich die Mönche auf das Malen der kunstreichen Buchstabenbilder auf Pergament in hohem Maße verstanden. Was ^würden wir heute noch um die Kleinode des Bücherschatzes von Skt. Peter geben, um den silbernen Kodex, von dem wir nur wissen, daß er 2 Pfund wog, um den „dreifachen Psalter", um all die wertvollen Chroniken, die von den fleißigen Mönchen abgeschrieben und mit mancher Beifügung erweitert wurden, von denen wir nur Trümmer ans dem Schiffbruch der Zeiten in unsere Tage gerettet haben! Aufhebung des Klosters: Mit Beginn des vorigen Jahrhunderts schlossen sich die Pforten des Petersklosters für immer. Es wurde am 22. März 1803 aufgehoben, nachdem das gesamte Erfurter Gebiet des Erzbistums Mainz in preußische Hände übergegangen war. Der letzte Abt, Placidus Muth, der Prior und sämtliche 22 Mönche gingen in Pension. Zehn Jahre darauf wurden die Gebäude ein Raub der Flammen, als das Kloster und die Festung Petersberg, die damals in den Händen der Franzosen waren, zum letzten Male mit der Stadt die Leiden einer Belagerung teilten. (Nach Pros. Als. Kirchhofs u. a.) 16. Vom Erfurter Wappen. Gestalt des Wappens und Siegels: Seit der Zeit, von welcher Kunde und Abbildungen auf uns gekommen sind, führt Erfurt ein acht- oder (vom 16. Jahrhundert ab) ein fechsfpeichiges Rad als Wappen, das auch vom Erzbischof, bezw. vom Erzstift Mainz geführt wurde. Außerdem zeigte das große und kleine Siegel der Stadt bis zu ihrer Uebernahme durch die Krone Preußens den heiligen Martin, den Schutzherrn des Mainzer Stifts, sitzend in einem Tor unter Türmen und Mauern, mit der Inschrift „Erfurt ist die getreue Tochter des Mainzer Stifts" (s. S. 4). Deutung des Wappens: Tatsächlich hat auch Erfurt un- gefähr feit dem Jahre 1000 zu Mainz gehört; doch können Sieget* Umschrift und Wappen nicht etwa als vollgültige Beweise dieser Zugehörigkeit angesehen werden. Wahrscheinlich hat Otto Iii. dem Erzbischof Willegis, dem er zu großem Danke verpflichtet war, um diese Zeit die Stadt geschenkt, oder schon Ottos I. Sohn Wilhelm, Erzbischof von Mainz, war ihr Besitzer (s. Erfurts Entstehung usw., Nr. I). Der Erzbischof und Kurfürst von Mainz war in Deutschland dem Range nach der erste Erzbischof. Unter allen geistlichen und weltlichen Fürsten war er der höchste, überhaupt der erste nächst dem Kaiser. Er war der erste Reichsstand und leitete allein alle Beratungen der Reichsstände. Er machte das Absterben des Kaisers seinen Mitkurfürsten bekannt, schrieb den Wahltag aus, nahm den Kurfürsten oder ihren Gesandten den Wahleid ab, leitete die Wahl

9. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 131

1911 - Erfurt : Keyser
— 131 - heil plötzlich aus dem Leben (Lutherbilder im Rathaus zu Erfurt, 1. Bild). Der Anblick des Toten verfolgte ihn Tage und Nächte, und seine Seele schrie: Wenn ich also stürbe! Wohin würde ich fahren? Nicht gen Himmel, an dem ich durch Frömmigkeit kein Bürgerrecht mir erworben, sondern an den andern Ort des Judas würde ich gehen! In dieser Seelennot wurde der in ihm herangereiste Wunsch, Mönch zu werden, zum festen Entschluß. Um Frieden für seine Seele zu finden und feinen Vater für eine Aenderung des Studiums zu gewinnen, unternahm er im Sommer 1505 eine Reise nach dem heimatlichen Mansfeld. Doch feine Hoffnung ging nicht in Erfüllung. Des Vaters Ohr blieb seinen Bitten verschlossen, und mutlos und verzagten Herzens wanderte Martinus durch das blühende Land nach Erfurt zurück. Schon war er der Stadt nahe, als ihn beim Dorfe Stotternheim ein schweres Gewitter überraschte. Blitz auf Blitz zuckte hernie- der, und Donner auf Donner krachte und knatterte. Im Donner hörte Martinus die bräuenbe Stimme des zornigen Gottes, und in den Blitzen sah er die feurigen Pseile des Tobes, die aus ihn gezückt waren. Wenn er nun erschlagen würde und stürbe! Wohin, wohin? Vor Angst sank er ba zu Boben und rief: „Hilf, liebe Skt. Anna, hilf, ich will ein Mönch werben!" Das „gezwungen und gebrungen Gelübde" war gegeben, und unser Martinus fühlte sich in feinem Gewissen baran gebunben, ba er fest glaubte, daß ein Zeichen an ihm geschehen sei. Das Gelübbe brechen, erschien ihm als schwere Sünbe. Die fommenben Tage sahen ihn barmn in großer Qual. Was sollte er tun? Erfüllte er es, so war er voll Ungehorsam gegen feinen Vater, erfüllte er es aber nicht, so war er ungehorsam gegen Gott. Das aber war ihm unmöglich! Abschied von seinen Freunden: Am Abettb des 16. Juli 1505 lub er noch einmal seine besten Frennbe zu sich, um mit ihnen bei Mahl und Saitenspiel guter Dinge zu sein (s. Relief = Hochbilb ant Lutherbenkmal). Dann aber teilte er ihnen feinen schweren Entschluß mit. Sie gaben sich die größte Mühe, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, boch ihr Einspruch war vergeblich. Martinus blieb fest bei seinem Wort: „Heute seht ihr mich — und nimmermehr!" Noch einmal versuchten sie, ihn unv zustimmen, als seine Hattb schon den Klopfer der Klosterpforte umklammert hielt. Doch umsonst! Die Tür des Martinsstiftes, bamals der einzige Eingang zum Kloster, schloß sich in der Frülie des 17. Juli 1505 hinter dem jungen Magister (s. Relief am Lutherbenkmal). (Nach Joh. Dose.) c) Luthers Aufenthalt im Kloster. Wahl des Klosters: Nicht ohne Absicht hat Luther das Kloster des Augustiner-Bettelordens gewählt. Von den 8 Männerklöstern der Stadt war es ihm sicher am bekanntesten: lag es doch 9"

10. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 133

1911 - Erfurt : Keyser
— 133 — Gehorsams durchgemacht. Selbst das Leben in Armut, die geringe Kost und das häufige Fasten fielen ihm nicht schwer, da er kein verwöhntes Muttersöhnchen war. Der Novizenmeister hatte an ihm einen guten Schüler und dieser an jenem einen freundlichen Lehrer. Nie hat derselbe es nötig gehabt, seinen L-chüler zu tadeln. Er befürwortete darum nach Verlauf des Jahres die Ausnahme Martins in den Orden. Ausnahme: Heute noch ist im hohen Chor der Augustiner- kirche die Stelle zu sehen, die Luther bei seiner Prosetzleistung lang hingestreckt berührt bat. Auf dem damals unmittelbar vor dem Hochaltar gelegenen Grabmal des Angustinerpaters Johannes Zachariä, der sich auf dem Konzil zu Konstanz den Titel eines Hus-Ueberwinders erworben hatte, lag in Kreuzesform der junge Mönch und schwur mit lauter Stimme den Eid, den ihm der Prior vorsprach: „Ich Bruder Martmus tue Proseß (Gelübde) und verspreche Gehorsam dem allmächtigen Gott und der heiligen Jungsrau Maria und dir, Bruder Winand, Prior dieses Konvents, . . zu leben ohne Eigenes und in Keuschheit gemäß der Regel des heiligen Augustinus bis an den Tod." Lutherzelle: Jetzt wurde dem Bruder Martin eine eigene Zelle zugewiesen. Kaum 3 in lang und 2 m breit, hatte sie nur Raum für einen Tisch, einen Stuhl und eine Lagerstatt, letztere mit einem Strohsack und einigen wollenen Decken. Durch das einzige Fenster sah der junge Mönch aus seine letzte Ruhestätte, den Begräbnisplatz der Brüder, der rings vom Kreuzgang eingeschlossen wurde. (Zelle im evg. Waisenhaus.) Die erste Messe: In diesem engen Raum mußte sich Bru- der Martin aus das Priesteramt vorbereiten, für welches ihn seine Vorgesetzten bestimmt hatten. Er tat es mit Furcht und Zittern und unter Gebet und Fasten, da er sich sür unwürdig und un- fähig zu solch hoher Stellung hielt. Am 2. Mai 1507 las er zagend feine erste Messe, und, als er die Hostie in der Hand hielt, durchlies ihn ein Schauer. Beinahe hätte er noch während der heiligen Handlung den Altar verlassen, wenn ihn nicht sein Lehrer daran gehindert hätte. Als aber alles wohlgelungen war, da sühlte er eine hohe Freude. Sie wurde noch vermehrt durch die Anwesenheit seines Vaters, der mit einem stattlichen Gefolge von Freunden und Bekannten auf 20 Rossen nach Ersnrt gekommen war. Er ehrte den Sohn durch eine Gabe von 20 Gulden und nahm teil an dem der Messe folgenden Festmahle. Ueber Tisch sprach Bruder Martin zu seinem Vater: „Lieber Vater, warum habt Ihr Euch so hart dawider gesetzt und wäret also zornig, daß Ihr mich nicht gerne wollet lassen ein Mönch werden und vielleicht noch itzo nicht allzu gerne sehet? Jst's doch so ein fein geruhsam und göttlich Leben!" Da antwortete der starrköpfige Alte, der noch immer unmutig über den Schritt feines Sohnes war, offen und ebrlich mit der Gegenfrage: „Ihr Gelehrten,
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